Temperaturwahrnehmung beeinflusst den Proteinabbau

Äußere Umweltbedingungen wie die Temperatur beeinflussen die Physiologie von Organismen. Welche Auswirkungen die Temperaturwahrnehmung auf den Proteinabbau im Darm hat, untersuchten Wissenschaftler des Kölner Exzellenzclusters für Alternsforschung CECAD. Ihre Erkenntnisse können neue Hinweise liefern, wie der Klimawandel zelluläre Signalwege beeinflusst und welcher therapeutische Nutzen sich daraus ziehen ließe.

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Das Gleichgewicht des Proteoms, also der Gesamtheit aller Proteine eines Lebewesens, wird durch eine feine Ausbalancierung von Proteinsynthese, -faltung und -abbau aufrechterhalten. Bisher war unklar, wie Veränderungen von Umweltbedingungen, zum Beispiel Temperaturschwankungen, den Proteinabbau beeinflussen. Wissenschaftler der CECAD-Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Thorsten Hoppe untersuchten anhand des Fadenwurms Caenorhabditis elegans (C.elegans), wie sich die Wahrnehmung von Umgebungsunterschieden auf den Proteinabbau auswirkt.

Wie andere Lebewesen nimmt auch C.elegans Veränderungen der Umgebungstemperatur über sensorische Neuronen wahr, die wie Antennen die äußeren Signale aufnehmen und weiterleiten, damit der Organismus seinen Stoffwechsel entsprechend anpassen kann. Die Wissenschaftler stellten fest, dass die Kommunikation zwischen den Neuronen im Gehirn des Fadenwurms und dem Darm über den insulinähnlichen Signalfaktor INS-5 und den Calcineurin-signalisierten FOXO-Transkriptionsfaktor DAF-16 erfolgt.

Die Forscher fanden heraus, dass eine „Loss-of function“-Mutation im Gen dyf-1, die zum Funktionsverlust des Gens führt, die sensorischen Neuronen beeinträchtigt, so dass die Temperaturwahrnehmung und der Proteinabbau im Darm des Fadenwurms gestört sind. Die Wildtyp-Form des Fadenwurms baut bei Temperaturanstieg vermehrt Proteine im Darm ab, wohingegen die mutierte Form ihren Proteinabbau nicht steigerte, jedoch eine verlängerte Lebensspanne aufwies.

"Demnach beeinflusst nicht die Temperatur in der Umgebung des Organismus an sich den Proteinabbau und die Lebensspanne des Fadenwurms, sondern erst die neuronale Wahrnehmung und Verarbeitung der Temperaturreize bewirken den Proteinabbau", erklärt Erstautorin Dr. Alexandra Segref.

"Interessanterweise lassen sich neurologische Schäden in Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen durch starkes Abkühlen des Gehirns verringern oder sogar abwenden, allerdings ist noch völlig unklar, wie dies funktioniert. Unsere Daten deuten an, dass der Abbau von Proteinen als Folge der Wahrnehmung von Temperaturreizen ein wichtiger Faktor ist, der therapeutisch relevant sein könnte", meint Hoppe.

Die Forscher veröffentlichten ihre Ergebnisse im Fachmagazin Nature Communications.

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